Vorbemerkungen des Verfassers Oberstleutnant a. D. Dipl. rer. mil. Martin Kunze
Während der Studien im Bundesarchiv/Militärarchiv in Freiburg entstand der Gedanke, die Fakten und Daten zum Ablauf der Ereignisse 1968 in der ČSSR in Form einer Zeittabelle aufzustellen. Sie soll dem Leser die Möglichkeit geben, die Chronologie dieser bedeutsamen Episode nachzuvollziehen.
Die Wiedergabe der Angaben erfolgt unkommentiert. Nicht immer stimmen Daten und Fakten der den verschiedenen Dokumenten (vor allem Chroniken) entnommenen Aussagen und Angaben überein. Ergänzt wurde die Tabelle um einige den Ablauf verdeutlichende und zuzuordnende Angaben, die den unter „Anmerkungen“ aufgeführten Dokumenten entnommen wurden. |
 |
 |
 |
|
|
04.06.68 |
Schreiben des Ministers für Nationale Verteidigung an den Vorsitzenden des Staatsrates, W. Ulbricht.
Darin: Meldung der Hauptausbildungsmaßnahmen des 2. AHJ 67/68
- gemeinsame KSÜ der Stäbe der 11. MSD und einer MSD/GSSD vom 31.07. bis 03.08.
- gemeinsame TÜ der 11. MSD mit einer MSD/GSSD vom 19. bis 24.08.
- spezial-taktische Übung der Na-Truppen der GSSD, NVA, PVA und ČVA im Juni/Juli
|
|
12.06.68 |
Schreiben Breshnews an Dubcek.
Vorschlag: Treffen am 15./15.06 zur Vorbereitung des bevorstehenden Parteitages der KPČ. Dubcek lehnt ab.
|
12.06.68 - 15.06.68 |
Besuch führender Repräsentanten der ČSSR in Ungarn. Abschluss eines Freundschafts- und Beistandspaktes
|
17.05.68 |
Tagung des Politisch Beratenden Ausschusses des WV in Warschau. Die ČSSR lehnt die Teilnahme ab. Die Führung der KPČ erhält daraufhin von den Tagungsteilnehmern einen Brief ultimativen Charakters. |
|
|
|
|
|
17.06.68 |
Das Na-Rgt.-3 (NR-3) der NVA verlegt im vollen Bestand in den Raum Hermsdorfer Kreuz. Teilnahme an der Übung „Böhmer Wald“ bis zum 10.08.
Das Na-Btl.7 (NB-7) nimmt ebenfalls vom 18. bis 28.06. an der KSÜ teil.
|
Aufgabe |
Sicherstellung der Na-Verbindungen des Gefechtsstandes der Armee, Vorbereitung des Zusammenwirkens mit der GSSD. |
|
27.06.68 |
Veröffentlichung des Manifests des Schriftstellers Vaculik „2000 Worte“. |
|
|
19.06.68 - 30.06.68 |
Durchführung der KSÜ „Somava“ lt. Plan des VOK.
Teilnahme von Truppen der UdSSR, Polens, ČSSR, DDR und Ungarns.
|
Thema |
„Die Handlungen einer Front bei der Abwehr des Angriffs von NATO- Streitkräften durch Begegnungsschläge und Verteidigunghandlungen, Übergang zum Angriff“ |
|
|
 |
 |
 |
04.07.68 |
Schreiben des Politbüros der KPdSU an das Präsidium des ZK der KPČ mit Hinweisen auf die Gefahren der Vorgänge in der ČSSR. In einem Telefonat vor Übergabe des Schreibens schlägt Breshnew eine Beratung der fünf Parteien mit der Führung der KPČ in Warschau vor.
Aus der DDR, Bulgarien, Ungarn und Polen gehen ähnliche Schreiben nach Prag.
|
05.07.68 |
Dubcek lehnt die Vorschläge schriftlich ab. |
06.07.68 |
Auf Ersuchen der ZK der Parteien Bulgariens, Ungarns, der DDR und Polens schlägt Breshnew für den 10. oder 11.07. ein Treffen auf höchster Ebene in Warschau vor.
|
08.07.68 |
Dubcek lehnt vor dem Präsidium des ZK seiner Partei das Treffen ab. Signalisiert aber Bereitschaft für ein bilaterales Treffen. Gegen 21.00 Uhr sagt er das o.g. gemeinsame Treffen telefonisch ab.
|
09.07.68 |
In den späten Abendstunden telefonischer Vorschlag Dubceks an Breshnew: Präsidium des ZK der KPČ lädt eine fünfköpfige Delegation des PB der KPdSU für den 17.07. zu Verhandlungen nach Kosice ein (eventuell auch 14.07. oder ein anderer Tag).
|
|
|
|
11.07.68 |
Gemeinsames Schreiben der fünf Parteien aus der VRB, DDR, VRP, UdSSR und VRU an die KPČ. Ablehnung des gemeinsamen Treffens wird bedauert.
Vorschlag: Treffen am 14.07.
|
11.07.68 |
Dubcek an den sowjetischen Botschafter in Prag: Die Delegation der KPdSU wird schon am 14.07 erwartet.
|
|
|
11.07.68 |
Schreiben von Armeegeneral Hoffmann an Walter Ulbricht:
Es liegt eine Anfrage des Vertreters des VOK, Armeegeneral Kurotschkin vor, ob das MfNV der DDR bereit sei, in nächster Zeit an einer gemeinsamen Übung mit der Sowjetarmee und der PVA teil- zunehmen. Er habe vorbehaltlich der Zustimmung Walter Ulbrichts zugesagt. Vorgesehen sei die 7. PD. Ulbricht stimmt zu.
|
|
12.07.68 |
Antwort aus Moskau: Die Tagesordnung für Warschau lässt keine bilateralen Verhandlungen zu. Erneuerung der Einladung zu einem gemeinsamen Treffen.
|
12.07.68 |
Sowjetischer Botschafter in Prag persönlich an Dubcek: Die Beratung der Sechs erfolgt am 14.07. in Warschau!
|
12.07.68 |
Das Präsidium des ZK der KPČ lehnt den Vorschlag vom 11.07. schriftlich ab.
|
|
|
12.07.68 |
Minister Hoffman beginnt einen Urlaub und reist nach Georgien. |
|
13.07.68 |
Treffen Dubceks mit dem ungarischen Parteichef Kadar in Komarno. Kadar versucht, Dubcek vom gemeinsamen Treffen zu überzeugen.
|
14./15.07.68 |
Beratung der Parteiführungen von UdSSR, VRB, DDR, VRP und VRU in Warschau, Brief an das ZK der KPČ.
|
Dubcek drückt in einem Schreiben an Breshnew seine Überraschung darüber aus, dass über die ČSSR gesprochen werde, ohne dass deren Vertreter anwesend sind. |
15.07.68 |
Schreiben des Präsidiums des ZK der KPČ nach Warschau, die Beratung zu beenden. Vorschlag: Bilaterales Treffen mit KPdSU noch am gleichen oder folgenden Tag.
|
|
|
13.07.68 |
Schreiben des Oberbefehlshabers (OB) der VSK an den MfNV. Darin die Frage, ob die Regierung der DDR der Ablösung des Chefs Stabes der VSK, AG Kasakow, zustimmt.
|
|
15.07.68 |
Schreiben der fünf Parteiführungen aus Warschau an das ZK der KPČ. Darin Aufruf zu Maßnahmen zur Rettung des Sozialismus in der ČSSR. Die Verbündeten könnten, sofern die Führung der Partei und des Staates keine Ordnung schaffen, der spontanen Entwicklung in der ČSSR keinen freien Lauf lassen und gezwungen sein, entscheidende Maßnahmen zu ergreifen. |
|
|
15.07.68 - 20.07.68 |
Komplexkontrolle durch das Kommando des MB III in der 11. MSD. |
|
16.07.68 |
Vorschlag des Präsidiums des ZK der KPČ an die Führung der KPdSU: Bilaterales Treffen am 20./21.07. in Kosice, ggf. auch in Kiew oder Lwow.
Der Publizist Pavel Kohout veröffentlicht einen Appell an die Bürger seines Landes, in dem er zur Unterstützung der Dubcek- Führung aufruft. Zwei Millionen Tschechen und Slowaken unter- schreiben das Dokument. |
|
|
16.07.68 |
Der amtierende MfNV, AG Keßler, bittet W. Ulbricht um Zustimmung zum Einsatz von AG Schtemenko als Chef des Stabes des VOK. Erst am 24.07. erfolgt per FS von AG Keßler die Zustimmung an den OB der VSK, Marschall Jakubowski.
|
|
|
|
18.07.68 |
Erweiterte Militärratssitzung (MRS) des MB III: Auswertung des o.g. Briefes der fünf Länder und Einschätzung der Lage in der ČSSR. Teilnahme des 1. Sekretärs der Bezirksleitung der SED Leipzig.
|
|
19.07.68 |
Antwort der KPdSU auf den Vorschlag der KPČ vom 16.07. Zustimmung. Aber Treffen erst am 28.07., und unter Teilnahme aller Mitglieder des PB des ZK der KPdSU und des Präsidiums des ZK der KPČ . |
|
|
|
|
|
20.07.68 |
Dienstbesprechung beim Kommandeur der 7. PD: Einweisung in die bevorstehenden Aufgaben.
|
|
22.07.68 |
Dubcek informiert das Präsidium seiner Partei: Ein bilaterales Treffen mit der KPdSU wird am 28.07. in Cierna nad Tisou stattfinden.
|
|
|
22.07.68 |
In allen Parteigrundorganisationen des PR-16 finden Versammlungen statt zum Brief der fünf Parteien an das Präsidium der ZK der KPČ und zum Aufruf von Radio Prag.
|
24.07.68 |
Der 7. PD werden 50 LKW „Ural“ zugeführt.in der (????) |
25.07.68 |
Der Chef des Stabes des MB III und der Leiter einer operativen Gruppe des Hauptstabes der NVA erhalten in Liegnitz vom OB der VSK Informationen zur Lage in der ČSSR und zu den für die 7. PD und die 11. MSD vorgesehenen Aufgaben.
Der Chef des MB III wird zum MfNV befohlen und erhält die Weisung, Vorbereitungen zur Überführung des MB in „Erhöhte GB“ (EG) zu treffen, um Teile des MB lt. Entschluss des VOK zu Handlungen zum Schutz der ČSSR einzusetzen.
|
26.07.68 |
Befehl 73/68 des MfNV: „Vorbereitung einer Truppenübung im August“ („Donau“).
Der MB III erhält die Aufgabe, die „Volle GB“ (VG) des Armeekommandos sowie der 7. PD und der 11. MSD zur Teilnahme an den Maßnahmen der Verbündeten Armeen herzustellen.
Die 7. PD wird dabei der 1. GPzA, die 11. MSD der 20. GA unterstellt.
|
27.07.68 - 10.08.68 |
Truppenübung „Njemen“ der Rückwärtigen Dienste (RD), Teilnahme: RD der Sowjetarmee, der PVA und der NVA.
Mit Befehl 73/68 wird die 7. PD aus dem MB III herausgelöst und ab 29.07. dem Oberkommando der VSK unterstellt. Sie stellt bis zum Abend des 29.07. im Raum Weißwasser – Nochten die VG her.
|
27.07.68 |
Mit Befehl des Chefs des MB III werden die geplante KSÜ und TÜ der 11. MSD verlegt. Alle Einheiten zurück in ihre Objekte. Herstellung der VG im Objekt bis 27.07., 12.00 Uhr.
|
27./28.07.68 |
Kombinierter Marsch der 7. PD im vollen Bestand in den Konzentrierungsraum Nochten. Zugeordnet werden je eine operative Gruppe des MfNV und des Kommandos MB III. Herstellung der VG und der Arbeitsbereitschaft bis 29.07. , 04.00 Uhr. |
|
28.07.68 - 30.07.69 |
Treffen KPdSU mit KPČ in Cierna nad Tisou. Beide Delegationen wohnen in ihren Sonderzügen. Breshnew und Dubcek vereinbaren, nichts über das Treffen zu veröffentlichen. Beschlossen wurde ein Sechser-Gipfel am 03.08. in Bratislava.
|
|
|
28.07.68 |
Das NB-7 stellt im Bestand der 7. PD die EG her. Die 7. PD ist der Sowjetarmee unterstellt und verlegt in den Raum Weißwasser - Tschelln.
Kombinierter Marsch der 11. MSD in den Raum Hermsdorf. Herstellung der vollen Arbeits- und Gefechtsbereitschaft bis 29.07.
Das NB-11 nimmt vom 28.07. bis 14.10.68 an den Maßnahmen zur Sicherung der ČSSR teil.
Das PR-16 stellt auf Befehl des MfNV die VG her und verlegt im Rahmen der 7. PD im vollen Bestand in den Raum Weißkolm.
Ein Kommando des NR-2 (Stärke 2/2/6) mit zwei Funkstationen R-102 befindet sich seit dem 28.07. in Liegnitz (Legnica). Es hat die gemeinsame Übung der Na-Truppen der Sowjetarmee, der PVA und der NVA nachrichtentechnisch sicherzustellen.
Der Leiter des Kommandos des NR-2, Major Nestler, meldet in einem Erfahrungsbericht vom 29.08.: „Das Kommando wurde von Juni bis Oktober 1968 unter meiner Führung eingesetzt. Bis zum 22.08. erfolgte die Sicherstellung der Nachrichtenaufgaben von Legnica aus. Am 23.08. überschritten wir .... die Grenze zur ČSSR und gelangten bis Milovice (kurz vor Prag). Wir stellten fest, dass der Sender „Freies Europa“ und Schwarzsender Hinweise und Richtlinien ausstrahlten. Unsere eigene Aufgabe: Halten von Funk- und FS-Verbindung zur 7. PD und 11. MSD in deren Bereitstellungsräumen in der DDR.“
|
|
29.07.68 |
Sitzung des Nationalen Verteidigungsrates der DDR unter Teilnahme Walter Ulbrichts. U.a. werden bestimmte Bereitschaftsstufen für alle Diensteinheiten festgelegt. Für verantwortliche Kader und Spezialisten wird eine Urlaubssperre verhängt, Wochenendreisen in die ČSSR werden eingestellt. Das MdI hat alle zu erfassen, die tschechisch sprechen und aus Tschechien stammen. Die PHV wird dem Sekretariat des ZK unterstellt und von ihm angeleitet. Im Bericht von A. Norden heißt es: „Es ist so zu argumentieren, dass jedem klar wird: Die fünf sozialistischen Länder müssen handeln.“
|
|
|
29.07.68 |
Die 11. MSD wird mit Befehl 73/68 des MfNV dem Oberkommando der VSK operativ unterstellt. Ziel: im Rahmen einer gemeinsamen Übung mit Verbänden der GSSD bereit zu sein zur Verlegung.
|
|
 |
 |
 |
03.08.68 |
Treffen der fünf Bruderparteien und der KPČ unter Teilnahme der höchsten Repräsentanten der Länder in Bratislava. Unterzeichnung einer gemeinsamen Deklaration. Darin u.a.: „Die Unterstützung, der Schutz und die Festigung dieser Errungenschaften ... ist die gemeinsame internationalistische Pflicht aller sozialistischen Länder. Das ist die einheitliche Auffassung aller Teilnehmer der Beratung.“
|
|
|
|
09.08.68 |
Treffen Dubceks u.a. mit dem Staatschef Jugoslawiens Broz-Tito in Prag.
|
|
|
09.08.68 |
Schreiben des MfNV an W. Ulbricht: laut Mitteilung des Chefs des Stabes der VSK, AG Schtemenko, erfolgt vom 12. bis 20.08. mit Funk- und technischen Nachrichtenmitteln eine gemeinsame Front- übung auf Karten.. Von der NVA sollen teilnehmen: Eine operative Gruppe beim Leitungsstab in Legnica, je eine operative Gruppe der 11. MSD (im Bestand der 1. GpzA) und der 7. PD (im Bestand der 20. A der GSSD. Die operativen Gruppen werden im Verlauf der Übung so verlegt, dass die Rückkehr innerhalb von 3 - 4 Stunden möglich ist. Der MfNV hat vorbehaltlich der Zustimmung Walter Ulbrichts zugesagt.
|
10.08.68 |
Der Stellvertreter des Kommandeurs und Stabchef der 11. MSD erlässt die AO Ü 1/86 über die „Organisation und Durchführung einer KSÜ im Bestand der 1. GpzA.“
|
11.08.68 - 18.08.68 |
Teilnahme von Teilen des Stabes der 7. PD an einer Nachrichten- Rahmenübung mit operativen Gruppen der Sowjetarmee.
Im gleichen Zeitraum nimmt eine operative Gruppe des Stabes der 11. MSD (Stärke: 15/1/0) an einer KSÜ der 1. GPzA unter Leitung des VOK teil.
|
|
12.08.68 |
Auf Ersuchen Walter Ulbrichts findet ein Treffen mit Dubcek in Karlo-Vary (Karlsbad) statt.
|
|
|
12.08.68 |
Schreiben des MfNV an Erich Honecker. Darin folgende Informationen:
- „Marschall Gretschko hält sich vom 12. bis 14.08. in der DDR auf und führt eine Kontrolle der GSSD im Süden durch. Am 13./14.08. ist ein Treffen mit mir vorgesehen. Unklar ist, ob auch die NVA besichtigt wird.
- Am 11.08. war GM Streletz in meinem Auftrag zur Einweisung in die Na-Rahmenübung Legnica.
- Die Übung läuft vom 11. bis 20.08.
- Die vorgesehenen Einheiten sind bis 20.08. im Konzentrierungsraum.
- Sowjetarmee hat dafür mehr als 10.000 Reservisten einberufen
- AG Schtemenko informierte, dass im August in Moskau eine Beratung aller Stellv. Chefs der Generalstäbe zum Stellenplan des Stabes der VSK stattfinden wird.“
|
12.08.68 |
Der MfNV spricht vor Parteiaktivisten der 7. PD. Er deutet an, dass es zum Einmarsch in die ČSSR kommen werde. Es sei erforderlich, dem bedrohten Land mit allen erforderlichen Kräften und Mitteln zur Seite zu stehen.
|
|
13.08.68 |
Telefongespräch Breshnews mit Dubcek. Brehnew kündigt Übergabe eines Aidememoire an, das durch den sowjetischen Botschafter überbracht wird.
|
15.08.68 - 17.08.68 |
Treffen Dubceks u.a. mit Rumäniens Staatschef Ceaucescu in Prag. |
17.08.68 |
Beratung des Politbüros der KPdSU. Beschluss zur militärischen Intervention, oder ist die Entscheidung noch offen?
Brief des PB der KPdSU an das Präsidium des ZK der KPČ. Der Brief ist ausdrücklich an alle Mitglieder des Präsidiums gerichtet.
|
Dubcek traf sich zu dieser Zeit mit Janos Kadar (VRU). Der Brief wird ihm erst am 19.08. ausgehändigt. Angeblich hat er ihn erst am 20. oder 21.08. gelesen. |
Da die Antwort aus Prag ausblieb, treffen sich die fünf anderen Parteichefs am 18.08. in Moskau. Sie halten die Verhandlungen mit Dubcek für gescheitert und beschließen einstimmig, die vorbereiteten Hilfsmaßnahmen in der Nacht zum 21.08. einzuleiten. |
|
|
|
18.08.68 |
Breshnew informiert Washington über die bevorstehende Intervention. Die USA signalisieren Zurückhaltung.
|
|
|
18.08.68 |
Die 7. PD erhält im Verlauf der Na- Rahmenübung das Signal „Sommerreise“. Innerhalb von vier Stunden sind alle Einheiten und Truppenteile bereit, lt. Aufgabenstellung zu handeln und nach weiteren zwei Stunden den Marsch zu beginnen.
Die 7. PD war von da an Reserve des Oberkommandierenden.
Der MfNV meldet dazu am 21.08., 00.00 Uhr an Walter Ulbricht.
Die Division wurde nicht unmittelbar in der ČSSR eingesetzt, sondern verblieb im o.g. Raum.
|
|
20.08.68 |
Sitzung des Präsidiums der KPČ (15 Tagesordnungspunkte.)
Beginn der Sitzung 14.00 Uhr,
Ende am 21.08. gegen 03.00 Uhr.
|
Beratung des PB der KPdSU. Man erwartet einen Hilferuf aus Prag? „Spät am Abend“ gibt das Präsidium des PB der KPdSU eine Mitteilung über den Truppeneinmarsch in die ČSSR heraus.
|
22:00 Uhr |
Das Präsidium des ZK der KPČ erhält die Information über „Truppenkonzentrationen an der Grenze“.
|
22:30 Uhr |
erhält man die Information: „Zahlreiche Flugzeuge über Prag.“
|
23:00 Uhr |
Der Regierungschef der ČSSR , Cernik, erfährt, dass die Truppen der WP-Staaten die Grenze überschritten haben.
|
24:00 Uhr |
Der Diensthabende im Außenministerium der UdSSR (Valentin Falin) erhält vom Verbindungsmann des KGB (General Sacharowski) auf seine Frage, ob die Aktion gestoppt wird, die Antwort: „Die Operation ist schon im Gange. In Anbetracht des Aufmarsches – es herrscht Funkstille, Befehle werden über Melder gegeben – kann man die Truppen nicht anhalten.“
Auf die Frage Falins, welche der verbündeten Staaten mit Kampfeinheiten an der Operation teilnehmen, antwortet Sacharowskij: „Die militärische Seite ist Sache des Generalstabs. Rumänien hält sich raus. Soweit ich im Bilde bin, sind aus gewissen Erwägungen Einheiten der NVA nicht einbezogen ...“
|
|
|
|
20.08.68 |
Befehl 86/68 des MfNV:
Zur Sicherung der Staatsgrenze der DDR zur ČSSR ist die 12. Grenzbrigade (GBr) mit zwei Regimentern zu bilden. Als Führungsorgan wird ein verkürzter Brigadestab vom Kdo GT aufgestellt. Das neu aufzustellende GR-52 hat 5 Kompanien im Bestand. Die Regimenter sind voll zu motorisieren und mit Na- und Versorgungsmitteln auszustatten.
Die VG ist bis 20.08., 00.00 Uhr herzustellen.
Auf das Signal „Sperrmauer“ werden die Sicherungsabschnitte bezogen und die Grenzübergangsstellen geschlossen. Bürgern der DDR und der ČSSR ist die Rückkehr in den eigenen Staat nicht gestattet.
Befehl 87/68 des MfNV:
Bildung der Sonderredaktion „VA-Mot.-Druckerei“ der PHV und zweier selbständiger Propaganda-Züge. Bis 20.08., 18.00 Uhr Verlegung in das Objekt UAR-3 (Heide), Unterstellung je ein Zug der 7. PD und 11. MSD.
Zuständig: PHV.
Auslösung der EG für das NR-3.
Dienstbesprechung beim Kommandeur 11. MSD. Bericht des Kommandeurs über den politisch-moralischen Zustand, die Gefechtsausbildung und den Zustand der Technik. Auswertung besonderer Vorkommnisse.
|
|
21.08.68 |
00:30 Uhr |
Das Präsidium des ZK der KPČ ruft den Präsidenten des Landes zur Teilnahme an der Sitzung hinzu.
|
01:00 Uhr |
Das Präsidium verabschiedet eine Resolution „An das ganze Volk der ČSSR“. Darin wird die Invasion als Verstoß gegen internationales Recht bezeichnet, die Bürger aufgerufen, Ruhe zu bewahren und keinen Widerstand zu leisten.
Dubcek erklärt zu dieser Zeit „er sei nicht mehr 1.Sekretär des Zentralkomitees.“
|
02:00 Uhr |
Der Verbindungsmann des KGB im Außenministerium der der UdSSR, General Sacharowskij, berichtet: „Die Truppen haben tschechoslowakisches Territorium betreten. Auf dem Prager Flugplatz sind Luftlandetruppen abgesetzt worden. Sie nehmen die wichtigsten Objekte der Stadt unter Kontrolle. Mit dem Verteidigungsminister, General Dzur, gelang eine Vereinbarung: Die Soldaten bleiben in den Kasernen, organisierten Widerstand der tschechoslowakischen Streitkräfte wird es nicht geben.“
|
gegen
03:00 Uhr |
wird Premier Cernik von sowjetischen Fallschirmjägern verhaftet.
|
gegen
05:00 Uhr |
umstellen sowjetische Panzer das Gebäude des ZK der KPČ.
|
|
|
|
21.08.68 |
00:30 Uhr |
Der Minister für Nationale Verteidigung löst für die NVA „Erhöhte Gefechtsbereitschaft“ aus.
|
02:00 Uhr |
Der C-MB III informiert bei einer Leitungssitzung über den Einmarsch der verbündeten Armeen.
- Die vom MfNV befohlene EG gilt im Objekt.
- Ausgabe von Waffen und Munition erfolgt.
- Grenzübergänge BRD – ČSSR seit 05.00 h geschlossen.
- Die Kampftechnik wird in den Parks zur Aufnahme von Kampfhandlungen vorbereitet.
- Urlauber sind bei Bedarf zurück zu holen.
- Rückführung der TT/E ins Objekt (außer 7. PD und 11. MSD).
- Aufhebung von Kommandierungen, Ausgangs- und Urlaubssperre.
- Kassernierte Unterbringung aller AA, Vorbereitung der operativen Gruppen zur Verlegung in die KR.
- Aufstellung der Technik des Armeestabes in 20-Minuten-Abmarschbereitschaft.
- Verbindungsaufnahme zur GSSD.
- Verladung Raketen. Aufmunitionierung der Lehrgefechtstechnik.
- Bereitstellung von Eisenbahntransporten.
- Maßnahmen zur Vorbereitung der Mobilmachung.
|
16:00 Uhr |
Leitungssitzung beim C-MB III. Information:
- Die verbündeten Truppen haben bis 08.00 h die befohlenen Räume in der ČSSR besetzt.
- US-Truppen und Bundeswehr seit 03.00 Uhr in der Stufe „Militärische Wachsamkeit“.
- Grenzübergänge BRD – ČSSR seit 05.00 h geschlossen.
- Die 12. GBr sichert die Grenze DDR – ČSSR. EG bleibt bestehen.
- Wehrkommandos gehen zum Drittelsystem über. 4. MSD bleibt in EG im Objekt. 50 LKW „Ural“ am 24.08. zur 11. MSD.
|
|
|
23.08.68 |
Auf Einladung der sowjetischen Seite fliegen Repräsentanten der ČSSR, darunter Präsident Svoboda, nach Moskau. Dort finden bis zum 25.08. Verhandlungen statt, an denen ab 24.08. auch Dubcek teilnimmt, der sich bereits in Moskau aufhielt.
Abschließend wird ein gemeinsames Protokoll unterzeichnet.
|
Präsident Svoboda spricht im Rundfunk. Er teilt mit, dass er nach Moskau fliegen will. |
Auf Einladung der sowjetischen Seite fliegen Repräsentanten der ČSSR nach Moskau. |
|
|
23.08.68 |
Befehl 91/68 des MfNV:
Verlegung der 11. MSD. Die Division verlegt in der Nachtzeit bis 24.08., 05.00 h in den Raum Oelsnitz - Adorf – Auerbach – Plauen. Sie hat bereit zu sein, das Territorium der ČSSR auf 3 Marschstraßen zu betreten und Handlungen in Richtung Sokolov zu führen.
Entsprechender Befehl des K-11. MSD zur Ausführung o. g. Befehls des MfNV. Die Marschbereitschaft ist bis 23.08., 17.00 h herzustellen.
|
|
24.08.68 |
Die internierten Mitglieder der KPČ-Führung werden aus der Karpato-Ukraine nach Moskau geflogen um an den Verhandlungen teilzunehmen.
|
|
|
24.08.68 |
Teile des NR-3 befinden sich im KR. Aufgabe: Entfaltung der Na-Zentrale des GS des MB III, Halten von Verbindungen zur 4. und 11. MSD und zur 7. PD.
Die 11. MSD wird dem OB der 11. GA unterstellt.
Aufgabe: Deckung der rechten Flanke der Hauptgruppierung.
Für die Rückwärtige Sicherstellung bleibt die NVA zuständig.
|
26.08.68 |
Befehl 92/68 des MfNV zur Gewährleistung der GB der NVA:
- Im MfNV ständiger Diensthabender aus der Leitung des MfNV, ständige Dienstbereitschaft aller Bereiche,
- Vorbereitung zur Verlegung, Verbindung zu den Leitungsstäben der VSK.
- Zum Leitungsstab Milovice: Oberst Butzlaff als StCopV mit operativer Gruppe.
- Bereithalten der Transportfliegerkräfte auf dem Flpl. Strausberg,
- Volksmarine in 30-Minuten-Bereitschaft, GT ...
|
|
27.08.68 |
Die KPČ-Politiker sind zurückgekehrt. Dubcek ruft gegen 17.30 Uhr im Rundfunk zur Einheit der Nation und zur Besonnenheit auf.
|
|
|
27.08.68 |
Leitungssitzung beim C-MB III: Bekanntgabe des Befehls 92/68,
- 7. PD und 11. MSD bleiben im festgelegten Unterstellungsverhältnis, Sicherstellung durch Kdo. MB III.
- Chef- Nachrichten stellt Verbindung zu den den Divisionen und zur 11. GA her. Seit 11.08. arbeiten Feldpostämter.
- 7. PD und 11. MSD führen ab der nächsten Tage unter Nutzung nahe gelegener TÜP und StÜP Gefechtsausbildung durch.
|
28.08.68 |
Dienstbesprechung beim K-11. MSD: Berichte der Kommandeure über den pol.-moral. Zustand, Stand der Gefechtsausbildung, Zustand der Technik und Bewaffnung.
Aufgabenstellung für weitere Ausbildung.
|
29.08.68 |
Ab sofort wird in der 11. MSD das Kriegstagebuch geführt. Noch am gleichen Tag scheidet die 11. MSD aus dem Bestand der 11. GA aus und wird dem OB der Nordgruppe unterstellt.
|
31.08.68 |
Herauslösung der 7. PD aus der 2. Staffel der 20. GA. Ab 01.09. Reserve der Front. Die Division verblieb im o. a. Raum. Ein Einsatz in der ČSSR fand nicht statt.
Auf Weisung des StMCHS: Entlassung von 99 Offizieren der Reserve aus der 11. MSD.
|
|
 |
 |
 |
16.10.68 |
Schreiben des MfNV an Erich Honecker: In der SU wurde zwischen Vertretern der UdSSR und der ČSSR ein Vertragsentwurf über die Stationierung sowjetischer Truppen in der ČSSR erarbeitet. Unterschrift soll am 16.10. abends erfolgen (Kossygin, Czernik).
|
|
|
16.10.68 |
Mit sofortiger Wirkung wird die operative Unterstellung der 7. PD und der 11. MSD aufgehoben. Die 11. MSD erhält den Befehl, die GS abzubauen und die Verlegung in der Nacht 16./17.10. vorzubereiten.
Beziehen der Objekte bis 18.10., 05.00 Uhr.
Wiederherstellung der GB bis 21.10., 17.00 Uhr.
|
17.10.68 |
Nach Erhalt Bef. 119/68 des MfNV erlässt der C-MB III seinen Befehl 92/68: Rückverlegung 7. PD und 11. MSD.
Wiederherstellung der GB im Objekt bis 21.10., 20.00 Uhr.
Die eingesetzten Kräfte des NR-3 verlegen aus dem KR zurück in den Standort.
|
|
18.10.68 |
Die Nationalversammlung der ČSSR beschließt einen Vertrag über den zeitweiligen Aufenthalt sowjetischer Truppen in ihrem Land.
|
19.10.68 |
Schreiben des MfNV an Erich Honecker:
Bericht über das Treffen der 5 Verteidigungsminister in Moskau. In der TO:
Information über die Verhandlungen zwischen UdSSR und ČSSR zu den Bedingungen des Aufenthalts der sowjetischen Truppen in der ČSSR (75.000 Mann, 200 Flugzeuge, 12 Standorte = 5 Divisionen)
Abzug: LLTr ab 19.10., LSK/LV ab 20.10., ungarische Divisionen vom 20.-25.10., bulgarische Regimenter 20.-30.10., polnische Divisionen 21.10.-11.11., Truppen der Südgruppe ab 22.10., Nordgruppe ab 28.10., GSSD-Verbände bis Ende Oktober.
|
|
|
18.10.68 |
Rückverlegung der 7. PD in ihre Standorte.
Befehl 59/68 des K-11. MSD:
Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft im Stammobjekt bis 21.10., 18.00 Uhr
Magazine Schützenwaffen entmunitionieren.
Nachkommandos: Im KR Beseitigung von Schäden.
Reservisten SanB-11 und Feldbäckerei-Kompanie 11 am 22.10. demobilisieren.
Entlassung Grundwehrdienstpflichtige am 01.11. |
21.10.68 |
Meldung des Chefs GT an den MfNV: Die in den vier Grenzorten eingesetzten 4 Kompanien sind kaum wirksam. Vorschlag: Rückverlegung in die Standorte
|
24.10.68 |
Militärratssitzung MB III: Jahresauswertung 1967/68, zum Einsatz für die ČSSR. Wörtlich: „Die Aufgaben wurden erfüllt, ob in den Konzentrierungsräumen oder in den Objekten.“
|
|
Verwendete Materialien (Quellen):
- Dokumenten des BA/MA
- „Wir riefen Moskau um Hilfe“, Vasil Bilak, edition ost, Berlin,2008.
- „Politische Erinnerungen“, Valentin Fain, Droemersche Verlagsanstalt, München, 1993.
- „Handlungen und Haltungen der NVA in der Vorbereitung und Durchführung der Intervention gegen die ČSSR“, Wolfgang Wünsche, in „Was war die NVA?“, Hrsg. Arbeitsgruppe Geschichte der NVA ..., Eigenverlag, 2001.
- „Neues Deutschland“, Beilage der Zeitung vom 21.08.2008.
|