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Datum | 09. November 1989 | ||||||||||||||||||
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Ereignis | 89/11/09/16/A | ||||||||||||||||||
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Quellenart | Überrest | ||||||||||||||||||
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Quellennachweis | Hans – Hermann Hertle
(Hrsg.); "Das Ende der SED. Die letzten Tage des Zentralkomitees."; Berlin 1997; Tonbandabschrift der ZK Sitzung |
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Quellenabschnitt | ebenda S. 301 | ||||||||||||||||||
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Faksimile | |||||||||||||||||||
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Vors. Egon Krenz:
Wegen der Besetzung des Gebäudes durch 130 ausreisewillige DDR-Bürger
war die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin
am 8. August 1989 für den Besucherverkehr geschlossen worden. An
der Schließung wurde über das Ende der Besetzung hinaus festgehalten
und dies mit dringend erforderlichen »Renovierungsarbeiten«
begründet. |
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interne Nummer | 00001a | ||||||||||||||||||
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Datum | 09. November 1989 |
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Ereignis | 89/11/09/16/A |
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Quellenart | Tradition |
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Quellennachweis | Heinz Keßler; "Zur
Sache und zur Person. Erinnerungen." Berlin 1996. |
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Quellenabschnitt | ebenda S. 303 ff. |
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Faksimile | |
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Gegen 15.30 Uhr - ein Diskussionsredner, der Generaldirektor des Werkzeugmaschinenbaukombinates
in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Rudi Winter, war gerade fertig - unterbrach
Egon Krenz wieder einmal die Diskussion und veränderte erneut die
Tagesordnung. Nachdem das drei Tage zuvor in der Presse veröffentlichte
Reisegesetz auf die heftige Kritik der Bevölkerung gestoßen
war, war der Vorsitzende des Ministerrates Willi Stoph beauftragt worden,
eine neue Reiseverordnung auszuarbeiten. Der Entwurf lag jetzt vor -
Außenminister Oskar Fischer hatte ihn mit dem sowjetischen Botschafter
Kotschemassow besprochen und ihn gebeten, ihn mit Moskau abzustimmen.
Nun begründete ihn Egon Krenz vor dem Plenum, wobei er einleitend
ausdrücklich sagte, daß diese Verordnung von so weitreichender
Bedeutung sei, daß ein Politbürobeschluß allein nicht
ausreiche und die Zustimmung des ZK unerläßlich sei. Er las
den Text des geplanten Beschlusses vor und versuchte, ihn auch in seinen
eigentlichen Zusammenhang zu stellen. Doch von den Teilnehmern der Plenartagung
hatte niemand außer den Politbüromitgliedern die schriftliche
Fassung in der Hand. So war es schwer, alle Details des Dokuments sofort
zu erfassen, zumal der Text keineswegs leicht verständlich formuliert
war. Von einer generellen Öffnung der Grenze war keine Rede. Ausgangspunkt
waren die Beschwerden der tschechoslowakischen Regierung, die die Ausreisen
von DDR Bürgern über die CSSR und alle damit verbundenen Komplikationen
als eine schwere Belastung empfand, wie zuvor schon die ungarische Regierung
auch. Bezeichnenderweise trug der Entwurf der Verordnung auch die Überschrift
»Beschluß zur Veränderung der Situation der ständigen
Ausreise von DDR-Bürgern nach der BRD über die CSSR«.
Was in dieser Situation auch gemacht wurde - so sagte Krenz - konnte
nur falsch sein: Schloß man die Grenze zur CSSR endgültig,
bestrafte man die Mehrheit der DDR-Bürger, die dann nicht mehr
ins befreundete sozialistische Ausland reisen konnten; schloß
man die Grenze nicht, wären die Konflikte mit dem Nachbarland nicht
zu beheben gewesen. |
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interne Nummer | 00002b |
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Datum | 09. November 1989 | ||||||||
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Ereignis | 89/11/09/16/A | ||||||||
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Quellenart | Tradition | ||||||||
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Quellennachweis | Egon Krenz; "Wenn Mauern
fallen." Urschrift von einem Mitglied des NVA-Forums (Sven_10) zur Verfügung gestellt. |
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Quellenabschnitt | |||||||||
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Faksimile | |||||||||
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Noch – Regierungschef Stoph übergab mir kurz vor Beginn
der Sitzung den überarbeiteten Entwurf der Reiseverordnung (die
Änderungsvorschläge hatte Wolfgang Herger in einer Sitzungspause
telefonisch mit Stoph besprochen.). Das Exemplar, das Stoph mir übergab,
war identisch mit der Umlaufvorlage, die den Mitgliedern des Ministerrates
zur Bestätigung übergeben worden war.
Ferner verlas ich den Entwurf einer beigefügten Pressemitteilung, die am 10. November veröffentlicht werden sollte (ohne die vier Verordnungspunkte, die ich bereits verlesen hatte). Nachdem ich alles verlesen hatte, sagte ich weiter: ”Ich sagte: wie wir es machen, machen wir es verkehrt. Aber das ist die einzige Lösung, die uns die Probleme erspart, alles über Drittstaaten zu machen, was dem internationalen Ansehen der DDR nicht förderlich ist. Sofort meldete sich der Kulturminister. Ich gab ihm das Wort. Er sagte: ”Könnten wir nicht das Wort ”zeitweilig” streichen? Das erzeugt ständig den Druck, als hätten die Leute keine Zeit und müßten sofort und unverzüglich den Antrag stellen. Können wir das nicht vermeiden oder umschreiben?” Darauf ich: ”Da muß man schreiben: <Bis zur gesetzlichen Regelung durch die Volkskammer folgende Übergangsregelung< und >zeitweilig< streichen. Übergangsregelung ist ja eine zeitweilige. Oder wir schreiben: >Bis zum Inkrafttreten des Reisegesetzes gelten folgende Regelungen<. Ich wandte mich an den Innenminister und fragte: ”Genosse Dickel, siehst Du da Schwierigkeiten?” Dickel: ”Nein. Was die Veröffentlichung angeht – vielleicht wäre es zweckmäßig, daß nicht das Ministerium des Innern, obwohl wir die praktische Durchführung machen, sondern das Presseamt des Ministerrates das veröffentlicht, denn es ist ja eine Mitteilung des Vorsitzenden des Ministerrates.” Ich: ”Ich würde vorschlagen, daß das der Regierungssprecher gleich macht. Wir vermeiden also sowohl zeitweilig als auch Übergangsregelung und sagen: bis zum Inkrafttreten des Reisegesetzes, das von der Volkskammer zu beschließen ist, wird das und das angeordnet.- Einverstanden? – Danke schön.” Das eine so wichtige Frage so schnell abgeschlossen wurde, ist dem Umstand zu danken, daß alle ZK- Mitglieder sich darüber im klaren waren, es muß einmal Schluß sein mit der Debatte. Wir brauchen die Reisefreiheit. Anders werden wir unsere Probleme nicht lösen. Was sich dann tatsächlich am Abend und in der Nacht zum 10. November abgespielt hat, war zu dieser Stunde von keinem vorhersehbar. |
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interne Nummer | 00003c | ||||||||
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Datum | 09. November 1989 |
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Ereignis | 89/11/09/16/A |
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Quellenart | Tradition |
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Quellennachweis | Günter Schabowski; "Der
Absturz." Berlin 1991 |
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Quellenabschnitt | S. 305 |
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Am Nachmittag des 9. November informierte Krenz das Zentralkomitee auf seiner ro. Tagung von der neuen Reiseregelung, die eben die Regierung passiert habe. Wie mir Teilnehmer später erzählten, hatte er das nicht sonderlich akzentuiert getan. Bei einer Reihe von ZK-Mitgliedern mochte der Eindruck entstanden sein, daß die Regelung nur dazu diene, Aussiedler über die Grenzpunkte der DDR in die Bundesrepublik zu entlassen. Über unsere Grundintention, die volle Herstellung der Reisefreiheit, soll er sich nicht geäußert haben. Möglicherweise hatte er die von uns als konservativ eingeschätzte Mehrheit des Zentralkomitees nicht zu Einwänden provozieren wollen. Als Krenz seine Mitteilung machte, befand ich mich nicht im Tagungssaal. Ich war bei den Journalisten, die nicht direkt aus der Tagung berichten konnten - so weit war unsere Offenheit noch nicht gediehen - und Fragen an mich, Interviewwünsche und ähnliche professionelle Bedürfnisse hatten. |
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interne Nummer | 00004a |
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